Kampagnentag zur Armut

Kampagne gegen Armut

Jugendrotkreuz fordert: Mehr Aufmerksamkeit für Armut in Deutschland

Freiberger JRK-Ortsverein fordert mehr kostenlose Freizeitangebote für Kinder

Freiberg – Wer am Samstag am Wochenmarkt in Freiberg einkaufen wollte, hatte es schwerer als sonst: Biertische waren in den Zugängen als Hindernis aufgestellt, überall am Marktplatz hingen - mannshoch an Schnüren befestigt - Plakate mit Aufschriften wie: „Armut versperrt Wege“ oder „Armut heißt: schlechtere Bildung“. Grund der spektakulären Aktion: Der Ortsverband des Jugendrotkreuz (JRK) in Freiberg wollte auf die versteckte Armut bei Kindern in Deutschland aufmerksam machen.

Bereits im Jahr 2004 rief das Jugendrotkreuz deshalb die bundesweite Kampagne „Armut: Schau nicht weg“ ins Leben. „Das JRK sieht sich seit jeher als Anwalt von Kindern in Not“, erklärt Lisa Vogt, selbst Gruppenleiterin im Freiberger JRK und Pressesprecherin noch dazu. „Jedes siebte Kind in Deutschland gilt als arm. Mit dem Aktionstag wollen wir zeigen, dass Armut schon vor unserer Haustür beginnt.“

Gesundheitliche Schäden durch Armut

„Armut in Deutschland sieht man nicht auf den ersten Blick,“ erklärt Vogt. Schulden, häufig begründet durch Arbeitslosigkeit der Eltern verhinderten, dass Kinder Nachhilfe bekämen, wären also schlechter in der Schule und würden ausgegrenzt. Gängige Statussymbole, sowie moderne Kleidung seien ebenso wenig bezahlbar. „Tragisch ist auch, dass arme Kinder eine schlechtere gesundheitliche Konstitution haben, als reiche.“ Ärmere Eltern könnten nicht im notwendigen Maße auf die gesunde Ernährung der Kinder achten. Die Kinder litten folglich weit häufiger unter Fettleibigkeit, so die Pressesprecherin.

Kostenlose Freizeitangebote Mangelware

Ein Hauptproblem sieht Lisa Vogt allerdings im Mangel an sinnstiftenden, kostenlosen Freizeitangeboten für Kinder. „Ich erlebe immer wieder, dass Kinder zu mir in die Gruppenstunde kommen und erst mal fragen, ob es etwas kostet. Unser eigener Beitrag zur Kampagne „Armut: Schau nicht weg“ ist der, dass der Besuch unserer Gruppenstunden, der Ausflüge und regelmäßigen Aktionen kostenlos ist. Außer dem JRK und den Kirchen fällt mir keine andere Organisation ein, die das bietet. Sportvereine sind häufig teuer“, kritisiert die 22jährige, die ihrerseits fürs JRK auch ehrenamtlich arbeitet. Auch im Sinne der Kriminalitätsprävention sei es wichtig, gerade Kinder aus ärmeren Verhältnissen von der Straße wegzubekommen, ihnen Kontakt zu anderen Kindern zu ermöglichen und gemeinsam etwas Sinnvolles zu tun. Nicht zuletzt deshalb hat der Bundesverband des JRK der Bundesregierung ein Positionspapier übergeben, in dem unter anderem die Forderung nach einem Kürzungsstopp und einer mittelfristigen Wiederaufstockung der finanziellen Mittel zur Förderung der freien Jugendarbeit verlangt wird.

Reine Informationsveranstaltung

Die auffällige Plakataktion beim Aktionstag in Freiberg sollte den Bürgern unmissverständlich und unausweichlich die „relative Armut“ in Deutschland, also die Art von Armut, die nicht durch Hungersnöte und Flüchtlingskatastrophen verursacht wird, vor Augen führen. An einem Informationsstand kamen die Jugendrotkreuzler mit den Besuchern des Wochenmarktes ins Gespräch. Ehrenamtliche betreuten Kinder, während die Eltern ihre Einkäufe tätigten. „Wir wollen kein Geld sammeln, sondern in den Köpfen der Menschen etwas erreichen“, erklärt Lisa Vogt. Jeder einzelne könne etwas gegen die Armut tun. „Das kann natürlich auch eine kostenlose Hausaufgabenbetreuung für Schulkinder sein. Wir sind aber schon zufrieden, wenn ärmere Kinder und Familien in der Gesellschaft nicht gehänselt werden, sondern ihnen und ihrer Situation Toleranz entgegengebracht wird.“

Marc Weyrich

Jahr 2005
1. Nachtorientierungslauf